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Campingplätze sind perfekte Orte, um Umweltbewusstsein zu fördern

Drei Fragen an Marco Walter, Umweltpsychologe und Gründer von ECOCAMPING, der europäischen Initiative für nachhaltigen Campingtourismus

Vor allem Littering (Vermüllung der Umwelt), die CO2-Belastung durch Autoverkehr und Overtourism sind Umweltbelastungen, die mit Urlaub in Verbindung stehen. Inwieweit ist es überhaupt möglich zu campen, ohne die Umwelt zu belasten?

Walter: Camping ist bereits eine vergleichsweise umweltverträgliche Urlaubsform. Campingplätze sind sehr grün und meistens sogar Naturoasen, die Camper naturverliebt und die Anreiseentfernungen meist relativ kurz. Nach einer Studie des Öko-Instituts Freiburg wird bei einer Campingübernachtung nur ein Fünftel bis ein Sechstel der CO2-Menge einer Hotelübernachtung in gleicher Entfernung freigesetzt. ECOCAMPING Partnerplätze liegen im Schnitt mit 2,1 Kilogramm CO2 pro Übernachtung sogar bei unter der Hälfte des Campingdurchschnitts. Die Vermüllung der Umwelt ist hauptsächlich ein Problem von wildem Campen außerhalb von Campingplätzen, weshalb wir diese Form des Campens nicht befürworten. Auf Campingplätzen gibt es Abfallsammelstellen und das Personal achtet darauf, dass sauber getrennt wird und kein Müll in die Landschaft geworfen wird. Die Anreisen mit PKW und Wohnwagen oder auch Wohnmobilen sind natürlich eine Umweltbelastung. Im Rahmen von ECOCAMPING versuchen wir die Campingplätze zu überzeugen, zunehmend gute Angebote auch für Camper zu schaffen, die zu Fuß, mit dem Rad oder dem öffentlichen Verkehr anreisen. Beispiele sind Mietunterkünfte auf den Camps, sodass keine eigene Campingausrüstung durch die Gegend gefahren werden muss. Aber auch Vergünstigungen für Menschen, die mit Bus und Bahn anreisen, Shuttle-Services und ein guter Fahrradverleih unterstützen das Ziel, den Autoanteil beim Campen zu reduzieren. Overtourism ist eher eine Frage des Destinationsmanagements als des einzelnen Campingplatzes.

Campen bedeutet viel näher an der Umwelt zu sein als beim Urlaub im Hotel mit Pool. Wie können Campingplätze auch Lernorte werden, um Umweltbewusstsein zu vermitteln?

Walter: Campingplätze sind perfekte Orte, um Umweltbewusstsein zu fördern und neue nachhaltige Verhaltensweisen und Angewohnheiten spielerisch zu erlernen. Denn im Campingurlaub haben die Menschen die notwendige Zeit und in der Regel auch viel mehr Offenheit für neue Themen als im oft mit Terminen vollgestopften Alltag. Und klar, die Camper lieben diese Urlausform vor allem auch wegen der Nähe zur Natur. Morgens aufwachen, die Vögel zwitschern hören und dann barfuß durchs taufrische Gras laufen – das sind Naturerfahrungen, die quasi nebenbei stattfinden. Die Campingplätze können aber auch zusätzliche Angebote schaffen, um die Naturerfahrung und das Bewusstsein zu steigern: Feld-Wald-Wiesen-Wanderungen mit Erklärungen zur Tier- und Pflanzenwelt, Spiele in der Natur oder Basteln mit Naturmaterial, Vortrags- oder Filmabende zu Ökothemen, der Verleih von Fahrrädern und vieles mehr. Wir haben in den vergangenen Jahren über 100 Camps darin geschult, wie sie ein vorbildliches „Naturerlebnis-Camping“ werden.

Was sind die nächsten wichtigen Themen für die Zukunft der nachhaltigen Campingbranche?

Walter: Der Klimaschutz ist auch für die Campingbranche eine der wichtigsten Aufgaben. Wir beraten und zertifizieren schon seit zehn Jahren Campingplätze mit dem Ziel, die Treibhausgase maximal zu senken. Dazu haben wir eine eigene Auszeichnung, den „Klimafreundlichen Betrieb“, geschaffen. Aber auch der bereits stattfindende Klimawandel ist für die Campingbranche eine große Herausforderung: Sie müssen mit mehr Trockenheit, Starkregen, Stürmen oder neuen Tier- und Pflanzenarten klarkommen. Wir untersuchen daher gerade im Rahmen des Bundesprojekts CopingCamps, wie sich die Campingplätze, soweit es geht, an den Klimawandel anpassen können. Weitere wichtige Themen der weiteren Zukunft einer nachhaltigen Campingbranche sind der Erhalt der Artenvielfalt auf den Plätzen, der zunehmende Einsatz regional-ökologischer Lebensmittel, die weitgehend autarke Stromerzeugung mit eigenen erneuerbaren Energien und die Vorbereitung auf die Anforderungen der erstarkenden Elektromobilität.