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Denken, schmecken, Welt bewegen

In unserem Interview erklärt Louise Duhan von Slow Food Youth die politische Dimension unseres Essverhaltens, gibt einfache Tipps um Slow Food in den Alltag einzubauen und verrät warum Slow Food für sie ein persönliches Anliegen ist.

Louise Duhan ist Koordinatorin bei Slow Food Youth der Jugendgruppe von Slow Food Deutschland. Slow Food ist eine weltweite Vereinigung von bewussten Genießern und mündigen Konsumenten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Kultur des Essens und Trinkens zu pflegen und lebendig zu halten.

Inwieweit kann das persönliche Essverhalten jeder und jedes Einzelnen politisch sein?

Duhan: Alle Entscheidungen rund ums Essen sind hoch politisch, angefangen bei der Wahl, wo ich meine Lebensmittel kaufe, bis hin zur Entscheidung, welche Produkte ich nutze – stammen sie etwa aus der Region oder aus Übersee, wurde es fair und sauber hergestellt und weiterverarbeitet. Unser Konsumverhalten hat nicht zu unterschätzende, unmittelbare Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt. Wir dürfen die Augen davor nicht verschließen, was auch Unsinn wäre, denn es geht nicht um Verbote, sondern um Genuss, Spaß und Verantwortung. Und es kommt auch auf die Wertschätzung an: Kümmere ich mich darum, alle Lebensmittel, die ich kaufe, zu verwerten, oder schmeiße ich die Hälfte in den Müll. Dreimal am Tag entscheiden wir mit unseren Ess- und Kaufentscheidungen mit, welches Lebensmittelsystem wir unterstützen, ob ein industrielles, welches die Agrar- und Lebensmittelindustrie in ihrem Motto „Wachse oder weiche“ bestätigt und sich nicht um externe Kosten schert, die durch diese Art der Produktion für die Umwelt, das Klima, die Feldarbeiter und die Tiere in der Landwirtschaft anfallen. Oder bemühe ich mich um einen zukunftsfähigen Wandel, im Sinne kultureller, politischer, ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit. Etwas zugespitzt: Soll es eher McDonald‘s sein oder etwas Selbstgekochtes aus regionalen Bioprodukten und Fleisch aus artgerechter Tierhaltung? Burger per se sind nicht schlecht, aber zwischen einem McDonald’s-Burger und einem „slowen“ Burger aus hoch qualitativem Fleisch aus artgerechter Tierhaltung, gutem Brot und frischem Gemüse aus der Region liegen eben Welten, geschmacklich und auch politisch! Und ein verantwortungsvoller Umgang mit Essen macht riesigen Spaß, das zeigen wir bei Slow Food Youth.

Ihre drei einfachen Tipps, um „Slow Food“ in den Alltag einzubauen?

Duhan: Slow im Alltag geht ganz einfach: Suchen Sie nach regionalen Produkten und achten Sie bei tierischen Produkten vor allem auf die Haltungsform. Dann schmeckt es nicht nur besser als der monotone Einheitsfraß der Lebensmittelindustrie und Fast-Food-Ketten, sondern man kann es auch mehr genießen. Generell empfehle ich aber: Kochen Sie lieber öfter selbst, als auf Convenience Produkte zu setzen, und probieren Sie dabei Neues aus. So lernt man nicht nur ganz neue, tolle Geschmäcker kennen, sondern merkt, dass es nicht lange dauern muss, ein leckeres Gericht zu kochen. Biokisten oder Lieferungen von Höfen der solidarischen Landwirtschaft können dabei helfen, neue Gemüsesorten kennenzulernen und sich kulinarisch auszuprobieren. Und es ist bequem: Sie werden geliefert. Kein Grund für Ausreden also! So unterstützen Konsumenten nicht nur regionale Erzeuger, sondern sorgen auch dafür, dass wir uns wieder zu regionalen Wertschöpfungsketten zurückbesinnen, sie kennenlernen. Und als letzter Tipp beim Fleisch gilt: Weniger ist mehr. Wir müssen unseren Fleischkonsum reduzieren. Und wenn wir Fleisch essen, müssen wir darauf achten, dass es gutes Fleisch ist und aus artgerechter Tierhaltung stammt. Darüber freuen sich nicht nur das Klima und die Umwelt, sondern auch der eigene Genuss. Denn der Genuss ist höher, als wenn man auf Billigware aus der Massentierhaltung zurückgreift.

Was ist ihre persönliche Motivation, sich für Slow Food Youth einzusetzen?

Duhan: Bei der Slow Food Bewegung kommen zwei für mich wichtige Komponenten zusammen: Essen und Aktivismus. Einerseits liebe ich Essen und mit Geschmäckern zu experimentieren, ich verbringe Stunden in der Küche und probiere aus. Andererseits will ich als Weltbürgerin mit meinen Entscheidungen Einfluss auf das System nehmen, für mehr Gerechtigkeit und Respekt für Menschen, Tiere und unsere Umwelt eintreten. Deswegen stehe ich komplett hinter dem Slow Food Youth-Motto „Denken, schmecken, Welt bewegen“. Für mich ist das Besondere an Slow Food (Youth), dass wir eine internationale Graswurzelbewegung sind, die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, Produzentinnen und Produzenten aus der ganzen Welt eine eigene Stimme verleiht. Das beste Beispiel ist für mich die große Veranstaltung Terra Madre, wo über 4 000 Produzenten und Aktivisten aus aller Welt sich treffen und dieses Gefühl entwickeln können: Sie sind Giganten, aber wir sind Millionen, und zusammen können wir etwas verändern.

 

Copyright Foto: www.slowfood.de