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Handel auf Augenhöhe: Was bewirkt Fairtrade?

Interview mit Edith Gmeiner, Referentin bei TransFair e. V. Die unabhängige Initiative zur Förderung des fairen Handels vertritt Fairtrade in Deutschland und kämpft für gerechte Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette.

In mittlerweile sehr vielen Supermärkten stehen als „fair“ ausgelobte Produkte. Was genau sagt der Begriff den Verbraucherinnen und Verbrauchern?

„Fair“ an sich ist zunächst einmal sehr vage, denn der Begriff „fair gehandelt“ ist im Gegensatz zu „bio“ nicht geschützt. Bei Produkten mit dem Fairtrade-Siegel ist das anders: Hinter dem Label stehen internationale Standards, Waren mit dem Fairtrade-Siegel stehen für Handel auf Augenhöhe. Sie sind der Rahmen, um bessere Arbeits- und Lebensbedingungen für Kleinbauernorganisationen und Plantagenbeschäftigte im globalen Süden zu schaffen. Zu den Kriterien gehören Umweltaspekte, das Verbot von ausbeuterischer Kinder- und Zwangsarbeit, Versammlungs- und Gewerkschaftsfreiheit sowie stabile Mindestpreise als Sicherheitsnetz, um die Kosten für eine nachhaltige Produktion zu decken. Außerdem erhalten die Produzenten zusätzlich zum Produktpreis einen Aufschlag – die Fairtrade-Prämie. Sie ist dazu da, um in Gemeinschaftsprojekte wie Bildung, Gesundheitsversorgung, Qualitätssicherung oder die Umstellung auf Biolandwirtschaft zu investieren.

Inwieweit sind fair gehandelte Produkte auch besser für die Umwelt und das Klima?

Das ist ein sehr wichtiger Punkt, den man beachten muss, wenn man von fair gehandelten Produkten spricht. Rund ein Drittel der Fairtrade-Kriterien betreffen das Thema Umwelt. Zudem motivieren wir unsere Produzentenorganisationen, auf Bio zu setzen – mit Erfolg. 2018 waren 70 Prozent aller in Deutschland verkauften Fairtrade-Produkte Bio-zertifiziert. Würden wir Bio aber voraussetzen, würden damit viele der ärmsten Bauern ausgeschlossen. Fairtrade ist jedoch für viele ein erster Schritt zur Bio-Umstellung. Ein Schwerpunkt unserer Arbeit ist es, Produzentenorganisationen zu helfen, sich und ihre Anbaumethoden an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen: Zum Beispiel durch einen besseren Schutz des Bodens vor Erosion, den sparsamen Einsatz von Wasser und den Schutz von Primärwäldern.

Außerdem beachtenswert ist der ökologische Fußabdruck von Fairtrade-Produkten: Auch wenn sie eine weite Reise hinter sich haben, schneiden sie bei ihrer Klimabilanz oft besser ab als heimische Produkte. So besitzen beispielsweise Rosen aus Kenia eine wesentlich bessere CO2-Bilanz als Blumen aus Holland.

Deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher geben aktuell im Schnitt 19 Euro pro Jahr für Fairtrade-Produkte aus. Wie können noch mehr Menschen für einen fairen Konsum sensibilisiert werden?

Das Fairtrade-Siegel ist das bekannteste Nachhaltigkeitssiegel in Deutschland, 84 Prozent der Konsumenten kennen es und schenken dem Siegel ihr Vertrauen. Mittlerweile hat fast jeder Lebensmittelhandel faire Waren im Angebot und weltweit gibt mehr als 30.000 Fairtrade-Produkte. Wir haben zwar schon viel erreicht, trotzdem wächst der faire Handel nicht schnell genug. Beispiel Kaffee: Beim Klassiker unter den fairen Produkten liegt der Marktanteil trotz langjährigem Wachstum bei gerade mal knapp fünf Prozent. Deshalb setzen wir uns weiter dafür ein, dass sich die politischen Rahmenbedingungen zugunsten des fairen Handels ändern. Dazu gehört beispielsweise, dass wir die Abschaffung der Kaffeesteuer für fair gehandelten Kaffee fordern und uns dafür einsetzen, dass die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht in Lieferketten gesetzlich umgesetzt wird.

Wir verstehen unsere Arbeit als gesellschaftlichen Auftrag, benachteiligten Menschen im globalen Süden zu helfen und ihnen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Mit dieser Botschaft erreichen wir eine wachsende Zahl von Menschen – bei Unternehmen und in der engagierten Zivilgesellschaft, aber auch bei Konsumentinnen und Konsumenten. Über unsere Kampagnen der Fairtrade-Städte, -Schulen und -Hochschulen verbreitet sich der Fair-Handels-Gedanke auf verschiedensten Ebenen. Beispiel Städte: Hier kommen auf kommunaler Ebene verschiedenste Akteure für den fairen Handel zusammen, planen öffentlichkeitswirksame Aktionen und stellen die öffentliche Beschaffung um. So tragen sie konkret zur Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele bei.