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Nachhaltiger Urlaub – geht das auch günstiger?

Beim Thema nachhaltiger Urlaub wird es schnell kompliziert, denn neben den ökologischen und sozialen Dimensionen der Nachhaltigkeit stellt sich auch die Frage: Wer kann es sich leisten, bei der Urlaubsplanung auf bestimmte Siegel zu achten, lange zu recherchieren und teurere Alternativen zu wählen? 

Auch wenn es nachhaltige und erschwingliche Reiseformen gibt, wie z. B. den Urlaub zu Hause oder von sozialen Trägern geförderte Busreisen für Kinder, Jugendliche und Senior*innen, sollte der Komfort nicht zu kurz kommen. Deshalb beleuchten wir verschiedene Ansätze eines nachhaltigeren Urlaubs, werfen einen Blick auf verschiedene nachhaltige Optionen und die Kosten.

Bio-Hotels und Pauschalreisen bieten hohen Komfort aber auch einen hohen Preis

Bio-Hotels bieten alles aus einer Hand: eine an ökologischen Standards orientierte Bau- und Bewirtschaftungsweise sowie entsprechende Verpflegung: Eine Nacht im Biohotel gibt es im Durchschnitt der zertifizierten Biohotels in Österreich in der Hauptsaison für 130 € – inkludiert ist darin mindestens Halbpension oder Halbpension plus, das heißt neben einem Biofrühstück und -Abendessen wird häufig eine weitere Mahlzeit wie Kuchen oder Mittagssnacks angeboten. Eine Woche mit 7 Übernachtungen im August würde pro Person somit im Schnitt 910 € kosten. Die Zugfahrt schlägt von Norddeutschland bis Tirol noch einmal mit rund 120 € pro Person zu Buche, mit BahnCard Rabatten und frühzeitiger Buchung wird es deutlich günstiger. 

Mit gut 1000 € inklusive Anreise per Bahn ist die Woche Bio-Urlaub in Österreich nicht für alle erschwinglich, ermöglicht vor Ort allerdings ein Rundum-Wohlfühlprogramm mit saisonaler und regionaler Bio-Verköstigung in entschleunigender Hotelumgebung.  

Doch was, wenn Sie ans Meer fliegen und ganzjährig Sonne erleben wollen? Eine klimakompensierte Flugreise von Süd- oder Norddeutschland nach Mallorca, mit 7-tägiger Gruppenreise, Halbpension und Ausflugsprogramm gibt es für rund 1400 € pro Person. Wie im vorherigen Beispiel der durchschnittlichen Biohotelkosten in Österreich ist es auch hier zu zweit im Doppelzimmer am günstigsten. 

Nachhaltigkeitsfragen stellen sich aber nicht nur mit Blick auf die Ökobilanz des einzelnen Hotels, die vor Ort konsumierten Produkte oder den C02-Ausstoß eines Fluges: Tourismus betrifft zahlreiche Menschen, die dort direkt beschäftigt oder von den Entwicklungen in der Reiseregion betroffen sind. Daher sind ökologische UND soziale Facetten von Nachhaltigkeit relevant.  

Ein Hotel, dass sich stark sozial ausrichtet, ist beispielsweise das Social Business Hotel der Caritas in Wien. Hier übernachtet man sogar etwas günstiger: 7 Übernachtungen mit Frühstück gibt es pro Person im Doppelzimmer ab ca. 600 €.

Fazit: Da Fliegen auch mit CO2-Kompensation immer noch relativ günstig ist, kostet die Woche bio-zertifizierter Urlaub in Österreich nur unwesentlich weniger als die Pauschalreise nach Mallorca mit buntem Rahmenprogramm. Die Wochenpreise sind – wenig überraschend – mit über 1000 € pro Person inklusive Transfer höher als beim Last-Minute-Angebot ohne Nachhaltigkeitsanspruch. 

Außerhalb von Hotels: Weniger Komfort und mehr Eigenitiative, dafür mehr Inidividualität und günstigere Preise möglich

Wer außerhalb von Hotels unterkommen möchte: In der Berghütte kann man auch ohne Alpenvereinsmitgliedschaft günstig übernachten. Falls Doppelzimmer vorhanden sind, zahlt man hier pro Person maximal 252 € für 7 Übernachtungen. Im Mehrbettzimmer sind es maximal 175 €. Als Nichtmitglied kommt ein Zuschlag von 12 € pro Person und Nacht oben drauf.

Komfortabler wird es in einem über eine Plattform getauschten Privathaus Der Vorteil beim Haustausch: Bis auf einem Jahresbeitrag für das Portal, der bei den meisten Anbietern zwischen 100 € und 150 € liegt, ist der Haustausch kostenlos. Nachhaltig ist dieser Gedanke alle mal – denn Ihre Wohnung steht in dieser Zeit nicht leer, sondern wird genutzt. Sie müssen aber auch bereit sein, Ihre Wohnung oder Ihr Haus zur Verfügung zu stellen.

Kommt das nicht infrage, können Sie in Ferienunterkünften auch einen verhältnismäßig günstigen Urlaub verbringen. Insbesondere bei größeren Gruppen ist der Übernachtungspreis pro Kopf oft sehr erschwinglich. Bei der Wahl der Unterkunft können Sie hier zum Beispiel darauf achten, ob sie gut an die öffentlichen Verkehrsmittel angebunden ist. So sparen Sie sich das Geld für einen Mietwagen und sind umweltfreundlicher unterwegs. Bei der Selbstverpflegung lassen sich grundsätzlich die gleichen Nachhaltigkeitskriterien anlegen wie beim bewussten Konsum zu Hause. Die Nachhaltigkeit liegt hier also in Ihrer Hand.

Planungsvorlauf und -routine macht nachhaltigen Urlaub erschwinglicher

Unser Überblick zeigt: mit etwas Vorlauf ist zu vielen Reisezielen mit der Bahn eine günstige Anreise möglich. Auch gibt es mittlerweile zahlreiche Reise- und Unterkunftsangebote mit dem Anspruch eines verantwortungsvollen Tourismus, die von der mittleren bis zur gehobenen Preisklasse reichen. Verhältnismäßig günstigere Urlaube sind oft mit kleineren Einschränkungen beim Komfort verbunden – wie beispielsweise der Selbstversorgung oder die Unterbringung in Mehrbettzimmern. Nicht selten haben Sie dafür aber in Selbstversorgungsunterkünften oder auch auf Berghütten traumhafte Lagen und einzigartige Erlebnisse.

Mit mehr Planungsroutine und Offenheit gegenüber alternativen Angeboten gelingt somit auch ein nachhaltig-erschwinglicher Urlaub. Unser Fazit lautet deshalb: Nachhaltiger Urlaub muss nicht zwingend teurer oder unkomfortabler sein. Vom „Urlaub für alle“ sind wir jedoch noch weit entfernt, wie aktuelle Statistiken von Eurostat zeigen – denn rund jede*r fünte Deutsche kann sich derzeit keinen einwöchigen Urlaub leisten. Hiervon betroffen sind insbesondere Alleinerziehende und Renter*innen.


Stand: Juli 2023