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Einwegwindel versus Stoffwindel

Unsere Frage des Monats: Sind Stoffwindeln nachhaltiger als Einwegwindeln?

Während des Windelalters wird ein Kleinkind im Schnitt 5.000 Mal gewickelt. Bei etwa 660.000 Neugeborenen pro Jahr in Deutschland ergibt das circa vier Millionen Windeln pro Tag. In Deutschland wurden 1973 die ersten Einwegwindeln verkauft. Binnen weniger Jahre hatten sie die Stoffwindeln weitgehend verdrängt. Fragt man nach der Ökobilanz von Einwegwindeln im Vergleich zu der von Stoffwindeln, scheint die Antwort auf der Hand zu liegen. Aber sind Stoffwindeln wirklich nachhaltiger?

Die Einwegwindel

Die Vorteile sind klar: Einwegwindeln sind praktisch, hygienisch und machen Eltern wenig Arbeit. Der Ressourcenverbrauch für die Herstellung von Einwegwindeln darf jedoch nicht unterschätzt werden. Allein für den Zellstoffkern der Produkte müssen pro Baby rund vier bis fünf Bäume gefällt werden. Daneben bestehen moderne Wegwerfwindeln zu einem großen Teil aus synthetischem Kunststoff, der praktisch nicht biologisch abbaubar ist und für dessen Herstellung Erdöl benötigt wird.

Die rund 5.000 Windeln pro Kind ergeben einen Müllberg von circa einer Tonne Gewicht. Entsorgt werden herkömmliche Einwegwindeln über die Restmülltonne und landen daher in der Müllverbrennungsanlage. Hier setzen sie umweltschädliche Schadstoffe frei. In der Natur bräuchten sie ungefähr 500 Jahre, um zersetzt zu werden. Dazu reagiert so manche empfindliche Babyhaut gereizt auf den Kontakt mit Kunststoffen und die „geruchssichere“ Verpackung durch Einwegwindeln.

Die Stoffwindel

Die Produktion von wiederverwendbaren Stoffwindeln verbraucht weniger Ressourcen als die von Einwegwindeln. Und auch wenn mal eine entsorgt werden muss, ist das nicht so umweltbelastend, wie bei herkömmlichen Einwegwindeln. Stoffwindeln werden in der Regel aus Baumwolle hergestellt –  und das spielt eine entscheidende Rolle in ihrer Ökobilanz. Beim konventionellen Baumwollanbau findet ein hoher Einsatz von Pestiziden und Mineraldüngern sowie ein hoher Wasserverbrauch statt. Deswegen ist es wichtig, beim Kauf auf Baumwolle aus kontrolliert biologischem Anbau zu setzen. Auch die Arbeitsbedingungen von Baumwollpflückerinnen und -pflückern sind häufig schlecht. Aus diesem Grund kann eine Stoffwindel nur nachhaltig sein, wenn sie aus Bio-Baumwolle hergestellt wurde, die das Fairtrade-Siegel trägt und somit garantiert, dass die Näherinnen und Näher für die Produktion der Windel fair entlohnt wurden. Das Portal „Windelwissen“ führt hierzu eine Liste über Herstellungsorte und -bedingungen von Stoffwindeln.

Erst der Umgang mit der Windel entscheidet über ihre Ökobilanz

Sowohl Einweg- als auch Stoffwindeln können negative Umweltfolgen haben. Einwegwindeln verbrauchen Rohstoffe wie Holz und Erdöl, nach ihrer Entsorgung entstehen Müllberge, die bei der Verbrennung umweltschädliche Gase freisetzen. Aber auch bei Stoffwindeln ist Vorsicht geboten. Denn: Wer sich für nachhaltig produzierte Stoffwindeln entscheidet, muss diese waschen – das verbraucht  Wasser,  Energie, Waschmittel und produziert Abwasser . Man kann die entstehende Ökobilanz aber effektiv verbessern – sofern man die Stoffwindeln richtig anwendet: Wer eine moderne Waschmaschine nutzt, die wenig Wasser- und Energie verbraucht, und auf umweltschonende Waschmittel setzt, kann schon viel verbessern. Dazu reicht es im Normalfall vollkommen aus, Windeln bei 60 Grad Celsius zu waschen.

Vor dem Waschen müssen die Ausscheidungen jedoch aus der Windel heraus. Milchstuhl von Säuglingen ist in der Regel wasserlöslich und kann problemlos in der Waschmaschine mitgewaschen werden. Werden Kinder allerdings bereits mit erstem Brei oder fester Beikost gefüttert, sollten die Ausscheidungen über die Toilette entsorgt werden – was weiteren Wasserbedarf und Abwässer bedeutet. Wasser- und energiesparender ist es, auf einen Windeldienst mit einer modernen Großwäscherei zu setzen. Hier entstehen durch den Transport jedoch wieder erhöhte CO2-Werte.

Zwei weitere Systeme

Da Stoffwindeln aus natürlichem Material gefertigt werden, sind sie für die empfindliche Babyhaut in der Regel verträglicher. Viele Eltern empfinden eine Stoffwindel unterwegs jedoch als unpraktisch, da sie nach dem Wechseln eingepackt und transportiert werden muss.

Neben der herkömmlichen Einwegwindel und der Stoffwindel gibt es noch zwei weitere Alternativen. Zum einen gibt es Stoffwindelsysteme. Diese bestehen im Gegensatz zur normalen Stoffwindel meist aus drei Bestandteilen: einer Überhose aus Baumwolle, einem waschbaren Saugkern und einer Windelvlieseinlage. Die Vlieseinlage wird nach der Benutzung mit den Ausscheidungen entsorgt und erspart einem, vor dem Waschen die Windel in der Toilette leeren zu müssen. Bei diesem System fällt zwar mehr Müll an als bei Stoffwindeln, aber deutlich weniger Müll als bei herkömmlichen Einwegwindeln. Dazu ist die Umweltbelastung geringer.

Wer sich partout nicht mit der Vorstellung anfreunden kann, Windeln zu reinigen, der kann auf die etwas umweltverträglicheren Öko-Einwegwindeln setzen. Sie funktionieren wie herkömmliche Einwegwindeln, bestehen aber zu einem großen Teil aus biologisch abbaubaren Materialien wie Bio-Kunststoff und chlorfrei gebleichtem, FSC-zertifiziertem Zellstoff.